In seinem Vortrag „Fair einkaufen – aber wie?“ gab Nachhaltigkeits-Experte Frank Herrmann Tipps für bewussten Konsum und appellierte an die Verantwortung aller – Bürger und Politiker.
Die Auftaktveranstaltung zur Internationalen Woche hatte das Thema "Fair einkaufen, aber wie?" Fotos: © Karl Kübel Stiftung
Zu der Veranstaltung kamen mehr als 100 Gäste.
Nachhaltigkeitsexperte Frank Herrmann referierte über fairen Einkauf.
Mitarbeiterinnen der Karl Kübel Stiftung begrüßten die Gäste und statteten sie mit Namensschildern aus.
Stiftungsratsvorsitzender Matthias Wilkes freute sich über die große Resonanz.
Martin Rönnau von der Christoffel-Blindenmission (l.) im Gespräch mit Stadtrat Adil Oyan .
Vorstandsmitglied Ralf Tepel (l.) im Gespräch mit Gästen. Er hatte die Veranstaltung moderiert.
Die Folie zeigt den Kostenanteil des Rohkakaos an einer Tafel Schokolade.
Auch Landtagsabgeordnete Birgit Heitland (vordere Reihe) informierte sich über fairen Einkauf.
Vorstandsmitglied Daniela Kobelt Neuhaus (r.) im Gespräch mit Gästen.
Referent Frank Hermann im Gespräch mit Susanne Schäfer von der GGEW (Mitte) und einer weiteren Zuhörerin.
„Fair einkaufen – aber wie?“: Unter diesem Motto stand die Auftaktveranstaltung der Internationalen Woche in Bensheim, zu der die Karl Kübel Stiftung eingeladen hatte. Weit über 100 Gäste besuchten den Vortrag von Frank Herrmann, Journalist und Nachhaltigkeits-Experte, im Rahmen der Reihe „WeiterDenken…!“ im Bürgerhaus Kronepark. „Diese Fragestellung spricht so viele Menschen an, weil jeder Einzelne durch seine Kaufentscheidung unmittelbar Einfluss nehmen kann“, sagte Stiftungsratsvorsitzender Matthias Wilkes angesichts des großen Besucherinteresses in seinem Grußwort. Für eine ausgezeichnete Fairtrade-Stadt wie Bensheim sei es selbstverständlich, sich mit dieser Thematik intensiv auseinanderzusetzen, betonte Stadtrat Adil Oyan.
Frank Herrmann, der selbst jahrelang in Entwicklungsländern gelebt und gearbeitet hat, machte in seinem Vortrag deutlich, welche fatalen Folgen unsere Billig-Produkte für die produzierenden Menschen vor Ort haben. So stammt beispielsweise ein Großteil des für die Schokoladengewinnung benötigten Kakaos aus der Elfenbeinküste, wo die Bohnen hauptsächlich von Kindern unter gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen geerntet werden. Herrmann berichtete von einem Jungen, der tagaus tagein mit der Machete arbeitet und sich dabei tiefe Schnittverletzungen zugefügt hatte, weil er zu erschöpft war. Oder von Philippe, einem Kakaobauern, der sein Leben lang Kakao produziert und selbst noch nie ein Stück Schokolade probiert hat.
Immer mehr Menschen möchten solche Produktionsbedingungen nicht länger hinnehmen. Doch wie findet man im Ladenregal Produkte, die wirklich fair und nachhaltig produziert sind? „Ein wichtiges Merkmal beim Einkauf ist das Fairtrade-Siegel“, erklärte Herrmann. „Es garantiert Kleinbauern und Arbeitern auf Plantagen Mindestpreise und Mindestlöhne.“ Doch das ist noch nicht alles: „Es steht auch für langfristige Handelsbeziehungen und die Einhaltung der Menschenrechte.“ Die Glaubwürdigkeit des Fairtrade-Siegels sei sehr hoch, so Herrmann.
Weitere zuverlässige Siegel des Fairen Handels sind das Siegel der Welthandelsorganisation WFTO, das Naturland Fair-Siegel und das Gepa Fairplus-Siegel. „Relativ neu ist das Kleinbauernsiegel SPP“, berichtete der Experte, „das einzige Siegel, das von den Bauern des Südens verwaltet wird. Zu finden ist es auf einigen Produkten der Organisation Ethiquable. Anders als bei herkömmlichen Produkten stehen fair gehandelte Waren vor allem für Transparenz in der Produktionskette.
Faire Produkte sind längst nicht mehr nur in Weltläden zu finden. Auch viele Supermärkte, Bioläden und Discounter haben sie mittlerweile im Angebot. „Insgesamt gibt es aber immer noch viel zu wenig fair gehandelte Produkte“, erklärte Herrmann. Bei bestimmten Waren, wie Kaffee, Bananen oder Schokolade, greifen immer mehr Deutsche zum Fairtrade-Produkt. Insgesamt beträgt der Marktanteil fair gehandelter Waren allerdings gerade mal ein Prozent am Gesamtkonsum. „Faktisch ist Fairer Handel hierzulande immer noch eine Nische “, betonte der Journalist. Gerade mal 16 Euro gab jeder Deutsche 2017 für fair gehandelte Produkte aus – allenfalls Mittelmaß. Weltmeister sind die Schweizer, die pro Jahr und Person rund 66 Euro für fair gehandelte Waren ausgeben.
Die anschließende Diskussion drehte sich dann auch vor allem um die Frage, wie viel Verantwortung beim Verbraucher liegt und wo die Politik in der Pflicht steht. Für Frank Herrmann steht fest: „Ganz klar, wir haben nicht die Zeit zu warten, bis der letzte Konsument einsichtig geworden ist – hier sind auch politische Vorgaben erforderlich.“ Der Fachmann hält EU-Mindeststandards für fair gehandelte Produkte, ähnlich wie bei Bio-Ware, für dringend notwendig.
Diskutiert wurde auch die Notwendigkeit, das Bewusstsein künftiger Generationen zu schärfen. „Fairer Konsum gehört in die Curricula der Schulen“, betonte Matthias Wilkes, so würden über die Kinder die Eltern erreicht. Dazu kam passend aus dem Publikum der Hinweis, dass im Goethe-Gymnasium in Bensheim die Kinder im Fairtrade-Kiosk einkaufen können.
Im Anschluss an die lebhafte Diskussionsrunde beantwortete Hermann weitere Fragen der Gäste bei einem kleinen Imbiss. „Wir sind mit der Resonanz des Vortrags sehr zufrieden“, so Ralf Tepel vom Vorstand der Karl Kübel Stiftung, „und freuen uns auf die kommenden Veranstaltungen der Internationalen Woche.“
Fair einkaufen - aber wie? Praktische Tipps von Frank Herrmann (Interview)
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Frank Herrmann hat viele Jahre in Lateinamerika gelebt und dort Reisen veranstaltet, Entwicklungsprojekte geleitet und Hilfsorganisationen beraten. Der Journalist und Nachhaltigkeitsexperte ist unter anderem Co-Autor des bereits in 5. Auflage erschienenen Ratgebers "Fair einkaufen – aber wie?", Autor des preisgekrönten Handbuchs "FAIRreisen" und zahlreicher Reiseführer. Auf seiner jährlichen „Fairen Biketour“ hält er deutschlandweit Vorträge zu nachhaltigen Themen.
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Frank Herrmann Website des Referenten