Anna Wilmers berichtet über die ersten Wochen ihres weltwärts-Freiwilligendienstes 2018 bei der Society of the Helpers of Mary (SHM) in Mumbai/Indien
„Um 7.30 werde ich von Kirchenglocken geweckt und stehe auf“, erzählt Anna. Die 18-Jährige und ihre Teampartnerin Ronja Ritzel wohnen in Einzelzimmern in einem Nebengebäude des SHM-Konvents. Auf dem großen Gelände befinden sich auch ein Kinder- und ein Altenheim. Das passende Outfit zu finden, ist für Anna morgens relativ einfach: "Weil man Chudidars, Hose und Oberteil, sowieso als Komplett-Outfit kauft. Dann schnell noch das Bindi aufkleben und ab in die Küche zum Frühstück. Meine Teampartnerin sitzt dort schon und genießt Müsli und Chapati mit Schokocreme."
Nach dem Frühstück geht´s zum Kinderheim. „Unterwegs werden wir mit 'Good Morning Didi (Schwester)' begrüßt. Im Gemeinschaftsraum setzen wir uns zu den uns zugeteilten Mädchen, mit denen wir zwei Stunden Hausaufgaben machen und ihnen Nachhilfe geben. Alles von Mathe über Geschichte bis Englisch ist gefragt. Danach machen sich die Mädchen fertig für die Schule und wir begeben uns auf den Weg ins Altersheim“, erzählt Anna. Dort helfen sie und Ronja beim Obst schneiden und Mittagessen vorbereiten oder sie unterhalten sich mit den Bewohner*innen. „Das ist ein super Zeitpunkt unser ,toda, toda' (wenig, wenig) Hindi anzuwenden, da viele kein English sprechen“, so Anna. Um 12 Uhr wird zum Mittagsgebet gerufen und danach helfen sie und ihre Teampartnerin das Essen an die Altenheim-Bewohner*innen auszuteilen. Wenn alle versorgt sind, machen die beiden eine längere Mittagspause. Anna: "Wir holen unser Essen to go: Reis mit Dahl (Linseneintopf), Chapati (Pfannkuchen) und Bhadji (Gemüse). In der Zeit danach beschäftigen wir uns meistens mit Tagebuch schreiben, lesen, Hindi lernen oder Spiele vorbereiten.
Pünktlich um 15 Uhr beginnt der Unterricht für die Kinder aus den Slums mit dem Singen der Nationalhymne und dem Nationalgelübde. Die „Slum-Schule“ ist eine Art Nachhilfezentrum für Kinder, denen zu Hause nicht die nötige Unterstützung geboten werden kann. Hier wird der Unterrichtsstoff nochmal vertieft und wir unterstützen die Lehrerinnen dabei, wo wir können. Häufig machen wir Matheaufgaben mit einzelnen Schülern oder lesen Englischtexte, wobei wir unverständliche Wörter mit Händen und Füßen erklären, da viele Kinder eher wenig Englisch können. Nach zwei Stunden intensivem Lernen sind die Schüler, wie auch wir müde, und wir genießen es, uns etwas zu entspannen.
Abends spielen wir mit den jüngeren Mädchen aus dem Bal Bhavan fangen oder unterhalten uns mit den älteren über alles Mögliche. Bei den abendlichen Tanzstunden der Mädchen schauen wir mit großer Begeisterung zu, wobei das mittanzen noch sehr anspruchsvoll ist. Deshalb bleiben wir vorerst gerne im Hintergrund. Nach Lust und Laune schauen wir auf dem Markt nach den leckersten Mangos oder Granatäpfeln und erkunden freudig die neue Kultur. Hier in Mumbai ist immer etwas los, ständig gibt es ein Fest, so dass wir neulich herzlich in den Brauch von Raksha Bandhan eingeweiht wurden. Das Fest zelebriert das Band zwischen Bruder und Schwester und verbildlicht das Ganze mit einem Armband, das die Schwester ihrem Bruder umbindet. Damit verspricht er, sie zu beschützen. Nachdem unsere Brüder gerade 6.300 km entfernt sind und in moderner Auslegung man das auch zwischen Freunden machen kann, haben meine Teampartnerin und ich uns gegenseitig ein Armband umgebunden. Jeder Tag ist ein neues Abenteuer und es wird nie langweilig.“
Der weltwärts-Freiwilligendienst wird gefördert durch ENGAGEMENT GLOBAL und mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) umgesetzt.
Die Kongregation der Society of the Helpers of Mary in Mumbai hat es sich zur Aufgabe gemacht, benachteiligte Menschen zu stärken und zu unterstützen. Sie fördert in der indischen Metropole vielfältige Aktivitäten und Einrichtungen wie ein Ausbildungszentrum, ein Hostel für benachteiligte Kinder, einen Kindergarten, eine Vorschule für Kinder des benachbarten Slums, Gesundheitsversorgung und -beratung, ein Heim für obdachlose alte Menschen, Einkommens schaffende Maßnahmen u.v.m.